Vor ziemlich genau 10 Jahren – am 26. Januar 1999 – wurde in diesem Circle von Harald Hollenstein, unserem langjährigen, inzwischen leider verstorbenen Präsidenten, das letzte mal dieser wichtige Künstler unter dem Titel ‚Tristanoiden’ vorgestellt. Aus jenem Programm sei hier zitiert: ‚Tristano war ein ,Musician’s musician’ und zwar ein ganz wichtiger in dieser grossen Gruppe von Jazzmusikern. Noch wichtiger, was viel zu wenig betont und gewürdigt wird, war seine Tätigkeit als Musik-, als Jazz-Pädagoge. Seine Schule für Improvisation und das darin integrierte Musikstudio waren nicht nur in den Zeiten seiner Abstinenz von der Musikszene seine eigenentliche Heimat. Hier traf er sich mit Freunden und Kollegen, um das theoretische Fundament der Musik, des Jazz vor allem, zu diskutieren. Und hierher kamen seine Schülerinnen und Schüler, die er zu einer neuen Generation von Jazzmusikerinnen und Jazzmusiker heranbildete’. Dieser Faden wird also wieder aufgenommen, denn es lohnt sich bestimmt, das Wirken dieses leidenschaftlichen und einflussreichen Musikers wieder einmal in die Gegenwart zu holen.
Ein gutes Vierteljahrhundert nach Monk's Tod ist sein musikalischer Nachlass noch nicht ausgeschöpft. Zahlreiche Musiker haben sich damit auseinander gesetzt, so auch der Free Jazz-Musiker Alexander von Schlippenbach. Mit dem Berliner Quartett "Die Enttäuschung" hat er in zwei "Marathon-Sessions" 70 Kompositionen (angeblich Monk's Gesamtwerk) auf drei CDs unter dem Namen "Monks Casino" aufgenommen. Wir werden uns eine Auswahl aus diesen Aufnahmen anhören, und zwar jeweils wechselweise zuerst von Monk in unterschiedlichen Formationen, teilweise auch solo, und anschliessend von Schlippenbach mit dem Quartett gespielt. Die fünf Musiker bringen eine chaotische Disziplin mit, die Monks Musik adäquat ist. Und sie haben genug Ideen, um einen Marathon von drei CDs kreativ durchzuhalten, nahe an Monk und doch weit genug weg, um sich selber zu bleiben.
Als ich mich im Juli 1964 zum ersten Mal in New York City aufhielt und u.a. auch Schallplattenläden besuchte, fiel mir auf, dass in Midtown hauptsächlich EVERYBODY LOVES SOMEBODY von Dean Martin zu hören war, während aus allen Lautsprechern Harlems die Supremes mit WHERE DID OUR LOVE GO ins Freie klangen, was mir wie ein Ohrwurm hängen blieb. Doch erst im April 1965 wurde mir bei Kurt Mohr in Paris bewusst, dass 1959 in Detroit ein gewisser Berry Gordy mit jungen Sängerinnen und Sängern einen Stil zu bilden begann, der die Black Music erfrischend verjüngte. Diese Präsentation ist für Jazz-Puristen und Sesselkleber nicht geeignet, weil die swingenden Songs unweigerlich zum Tanzen anregen (oder wenigstens zum Bewegen). Macht mit!
Die Komponistin, Arrangeurin und Pianistin erlebte den Jazz vom den zwanziger Jahren bis zum Free Jazz. Aus 1927 stammt ihre erste Aufnahme, aus 1978 ihre letzte. Sie zählte zeitlebens zu den Erneuerern. Die Präsentation beleuchtet die vielen Facetten, die ihr Werk so spannend machen: Ihr virtuoses Pianospiel, den Einbezug eines Sinfonieorchesters, die frühe Verwendung des 3/4 Takts, harmonische und rhythmische Eskapaden, bedeutende Swing- und Be-Bop- Arrangements, eigene Kompositionen die von andern abgekupfert wurden, bis hin zu einem Piano-Duett mit dem umstrittenen Free-Jazz-Pianisten Cecil Taylor. Was sie geschaffen hat, ist innovativ und künstlerisch hervorragend.
Vor kurzer Zeit erhielt das Swiss-JazzORama von Jürg Solothurnmann eine grössere Sammlung von Schallplatten mit Aufnahmen von bekannten schwedischen Musikern. Fernand Schlumpf präsentiert uns eine Auswahl dieses aktuellen Jazz aus Skandinavien.
Fragt man, welches die hervorragendsten Tenor-Saxophonisten im Swing-Stil sind, so
lautet die spontane Antwort: Coleman Hawkins, Lester Young und Ben Webster,
vielleicht wird auch noch Illinois Jacquet genannt. Ziemlich sicher wird jedoch Chu
Berry nicht erwähnt, obwohl auch er einer der ganz wichtigen Tenoristen war.
Vielleicht wird er deshalb übersehen, weil seine Karriere nur relativ kurz war. Er ist
bereits im Alter von 33 Jahren, am 30. Oktober 1941, infolge eines Autounfalls
verstorben. Einen grösseren Teil seiner kurzen Karriere verbrachte er im Orchester von
Cab Calloway, bei dem er viele grossartige Soli einspielte. Es existieren von ihm
jedoch auch hervorragende Aufnahmen mit anderen Bands.
Cab Calloway: ‘When Chu got up on the bandstand and opened up on his horn,
Lord! Lord!’
Coleman Hawkins: ‘Chu was a genius!’
Der dritte Teil über Lester Young behandelt die Jahre 1946-1955. Während dieser Zeit war Lester mit eigenen Bands oft im ‚Royal Roost’ oder im legendären ‚Birdland’ engagiert. Er nahm an zahlreichen JATP-Tourneen von Norman Granz teil. Durch Granz kam Lester Young zur Schallplattenfirma Clef, später Verve, für die er zahlreiche Schallplatten aufnahm. Während dieser Zeit begann sich Lester Youngs Gesundheitszustand zu verschlechtern, hevorgerufen durch seine schwere Alkoholsucht. Aber immer wieder gab es, besonders bei Studioaufnahmen, einen Lester in guter Form und Spiellaune. Ende der 40er Anfang der 50er Jahre hatte Lester Young in seinen Bands Pianisten, die erst später bekannt wurden, so etwa Junior Mance, Hank Jones oder John Lewis.
VMit seinem unverwechselbaren Ton war Lem Davis (1914-1970) einer der meistbeschäftigten Altosaxofonisten während der Zeit der Kleinformationen in den 40er- und 50er-Jahren. Er spielte u.a. mit den Bands von Coleman Hawkins, Rex Stewart und Eddie Heywood und leitete immer wieder eine eigene Combo in New York bis in die 50er-Jahre. Als Mitglied der Eddie Heywood Band machte er auch Aufnahmen mit Billie Holiday und war bei den bekannten, ersten Buck Clayton Jamsessions für Columbia dabei. Nach 1960 verliert sich seine Spur und es ist nicht bekannt, ober er weiterspielte. Er verstarb 1970 in New York.
Louie Bellson erwarb sich den Ruf als „schnellster Drummer der Welt“, und dennoch lobte Duke Ellington: „Als Ensemble-Musiker und Solist ist Louie gleich brillant.“ Im Teenager-Alter gewann er den Gene-Krupa-Preis für Nachwuchsdrummer. Bald konnte er bei den Grössten einsteigen und entwickelte sich zu einem gesuchten Sideman. Schon früh trat er als Leiter eigener Gruppen auf und nahm mit kleinen und grossen Formationen eigene Kompositionen und geschmackvolle Arrangements auf. Louie Bellson ist vor wenigen Monaten in Los Angeles verstorben. Wir hören aus seinem Nachlass von rund 200 LPs einige exemplarische Aufnahmen.